Chris De Bié - Storia Theurgica - The Hippie trail - www.storiatheurgica.net
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Storia Theurgica
The Hippie trail


Einleitung

- _1. Die Flucht
- _2. Tor zu Asien
- _3. Persien
- _4. Afghanistan
- _5. Pakistan
- _6. Indien
- _7. Nepal
- _8. Zurück nach Europa
6. Indien

Amritsar - Haridwar - Rishikesh - Manikaran - Pushkar
Bombay - Goa - Hampi - Dharamsala - Gorakhpur

 
Goa

Goa wurde 450 Jahre lang von den Portugiesen beherrscht. Portugiesischer Kolonialstil und Kirchen prägen daher das Bild der Städte. Und dazwischen Hindu-Tempel in friedlicher Co-Existenz.

 
 

 
 
 

Jesus trifft Shiva
Foto von Ruff Libner (Trav.didje.)

Weniger friedlich waren die Anfänge des Christentums. Erobert als strategisch wichtiger Hafen und zwangschristianisiert wurde Goa zu einer kleinen christlichen Enklave an der Westküste Indiens. Es ist ein Ort paradiesischer Ruhe. Viele Inder erholen sich hier von ihrem lauten und aggressiven Alltag in den Ballungsräumen. Laut einer alten Hindulegende, sollen bereits die Götter sich hier erholt haben. Und jetzt hatten sonnenhungrige und freiheitsliebende Freaks aus aller Welt hier ihr Paradies gefunden.

Von Panaji ging's zum Anjuna-Strand. Hier hatten sich die meisten ihre Hütten aufgebaut oder sich ein Zimmer gemietet, und hier wurden die Vollmond-Partys zelebriert.
  Travelling didjeridoo

 
 
 

Kleines Süd Anjuna - 1985
Foto von Bernhard Leyendeckers

  Bernhard Leyendeckers

 
 
 

Süd Anjuna
Foto von Ian Watkinson - 1975

Auf der Suche nach einer Unterkunft geriet ich in die Vorbereitungen des allwöchentlichen Flohmarkts. Einige Abgebrannte breiteten ihre Habseligkeiten aus. Darunter auch Antoine und Chantal, die ich in Herat verabschiedet hatte. Sie verkauften ihre Reisemitbringsel und waren auf dem Weg nach Bombay zur französischen Botschaft. Ich schenkte Ihnen ein kleines Stück Charas, um Ihnen Ihren traurigen Abschied zu versüßen. Andere verkauften Chai oder selbstgemachten Schmuck. Man fand Schönes und Seltenes aus dem Himalaya, aus dem natürlich auch der Charas kam, den einige feilboten.

Da ich dringend meine Reisekasse auffüllen musste, erstand ich von einem Franzosen eine kleine Waage, nachdem dieser sein letztes Gramm Manali verkauft hatte. Steve's einfache Waage hatte ich in den Bergen zurückgelassen. Geblieben waren mir die Silberrupien, aber die wurden jetzt nicht mehr als Maßeinheit gebraucht. Die meisten Dealer hatten, wie zu erwarten, Manali im Angebot. Ein ganz Verrückter lief mit einem Samsonite-Koffer herum, gefüllt mit kleinen Mengen Thai-Gras, Afghanen, Pakistani, Nepali und mehr. Die Qualität meines Manikaran sprach sich schnell herum und er war einer der Besten auf dem Markt.
  Ian Watkinson

 
 
 

Anjuna Markt
Foto von Jonathan D. Benyon - 1976

Der Markt war nicht nur eine Gelegenheit zum Handel, sondern auch der allwöchentliche Treffpunkt. Man traf alte und neue Freunde. Neuankömmlinge wurden begrüßt, und von anderen verabschiedete man sich. Ich freundete mich mit Thorsten aus Hamburg an, der von Arambol schwärmte. Ich fühlte mich am Anjuna-Strand auch nicht richtig wohl. Er war ziemlich überfüllt und hier waren auch etliche sehr kaputte Junkies gestrandet und so nahm ich die Einladung von Thorsten gerne an. Wir brachen nachmittags gen Norden auf.
  Road to Goa

 
 
 

Vagator
Foto von Robert Fraisl

Auf dem Hügel von Vagator sah man den Silver-Express von Jonathan. In London startete er seine 'Road to Goa' mit 2 Passagieren. In Istanbul füllte sich dann sein Bus und einige stießen in Teheran, Kabul oder Delhi dazu. Das war eine bequeme und entspannte Alternative zum lokalen Transportwesen.
  Robert Fraisl

 
 
 

Vagator-Hügel mit Jonathan's Silver-Express
Foto von Jonathan D. Benyon - 1976

Wir übernachteten in Chapora vor einer Höhle, in der sich Ian aus Jamaika einquartiert hatte. Eine wilde Flora begrünte die Grotte, und angeblich lebte hier auch eine Schlange. Deshalb trauten sich auch wenige hier rein und keiner wagte sich hier zu übernachten. Vielleicht war das aber auch die Absicht von Ian. Tagsüber war es hier angenehm kühl und nachts sorgten Kerzen für eine fantastische Szenerie.

Kurz nach Sonnenaufgang gingen wir hoch zur Chapora-Festung.
Von hier bot sich ein fantastischer Ausblick in den Süden über Vagator bis Anjuna und über den Chapora-Fluss in den Norden.
 

 
 
 

Ausblick in den Süden
Foto von Robert Fraisl

 

 
 
 

Ausblick in den Norden
Foto von Bernhard Leyendeckers - 1972

Wir überquerten den Fluß mit einer kleinen Fähre. Auf unserer Wanderung begegneten wir nur einigen freundlichen Fischern und nach einigen Stunden kündigte sich Arambol mit bizarren Felsen an. Wir liefen barfuss über die schroffen Steinformationen die das Meer sehr scharf geschliffen hatte. Hier sollte ich mir in den folgenden Monaten noch öfters meine Füße blutig stoßen.
 

 
 
 

Schroffe Steinformationen von Arambol
Foto von Ruff Libner (Trav.didge.)

Vor uns lag ein fast einsamer Strand mit einem kleinen See. Wir hörten ein 'Bom Shiva' vom Ende des Strandes her.
 

 
 
 

Arambol
Foto von Sunny Schneider - 1976

Unter einem schattigen Felsübersprung begrüßte uns eine kleine Gruppe von Deutschen und Franzosen. Unter ihnen war auch Kai, ein Freund von Thorsten und die Wiedersehensfreude war groß. Ich vertraute Thorsten meinen Rucksack an und ging zum See.
  Sunny Schneider

 
 
 

Arambol See
Foto von Ruff Libner (Trav.didge.)

Ich folgte einem kleinen Bach hinein in den Dschungel und unter den Gesang von Vögeln und kreischenden Affen mischte sich der Rhytmus von Trommeln.
 

 
 
 

Arambol - den Bach entlang
Foto von Lichtfaktor

Der Bach verlor sich und ich stand unter einem riesigen Banyan-Baum.
  Lichtfaktor

 
 
 

Banyan Baum
Foto von Ruff Libner (Trav.didge.)

Hierhin hatten sich ein paar Italiener zurückgezogen, die mich etwas distanziert in ihr Refugium einluden. Ich zauberte ein kleines Charas-Nugget hervor - und das Eis war gebrochen!
"Wow!...sehr guter Charas! Von wo?"
"Manikaraaaan!" sang ich in den Dschungel hinaus und
"Willkommen!" hallte es prompt zurück!
Verdattert sah ich mehrere Einsiedler aus ihrem Dickicht herrausstapfen und schnell bezeugte unser glühendes Chillum eine eingeschworene Gemeinschaft. Ein Dutzend Suchender hatte sich hierhin zurück gezogen....weit weg vom Trubel und von den exzessiven Partys.
Jemand erzählte von einem Datura-Trip:
"Ich wurde vom kalten Wasser geweckt, und muss wohl eine Zeitreise gemacht haben. Während des Monsoons wird aus dem Arambol-Bach ein kleiner Fluss."
Ein anderer erinnerte an einen Franzosen, der sich auf Datura von einer Klippe in Vagator in den Tod gestürzt hatte.
"Erzähle nicht jedem von diesem Ort wenn Du mal in Anjuna bist!" riefen sie mir noch nach!"

Nachdenklich durchstreifte ich den Urwald und hatte eine Vision:
Tosendes Wasser durchflutete den Dschungel und die leuchtenden Augen eines kleinen Schädels fixierten mich!
 

 
 
 

Arambol im Monsun
Foto von Ardian Fu - Dämonenschreck von Chris De Bié

Das sollte wohl eine Warnung vor Datura sein!
Am nächsten Tag besorgte ich mir im Dorf ein paar geflochtene Palmzweige und baute mir eine kleine Hütte oberhalb des Baches. Ausgerüstet mit etwas Kochgeschirr und Lebensmitteln verbrachte ich viel Zeit im Dschungel. Tagsüber sammelte ich Holz und füllte den Wasservorrat auf, und abends lauschte ich beim Feuerschein dem Dschungelkonzert. Manchmal hörte ich eine Flöte auf der anderen Bachseite die ich dann mit meiner Bongo begleitete.

Hier hätte ich den Rest meines Lebens verbringen können, aber ich musste mal wieder etwas Geld verdienen. Deshalb machte ich mich auf den Weg in Richtung Anjuna. In Chapora traf ich Ian wieder, der mir von einem Bäcker erzählte, für den er einmal Plätzchen verkauft hatte.
"Apple-pastry für den Anjuna-Markt! Das ist es!"
rief ich begeistert und umarmte ihn.

Die Backstube lag einige Kilometer von Chapora entfernt, im Landesinneren. Der Bäcker war sehr angetan von meiner Idee, und schlug vor, mich auf dem Markt in Mapusa umzusehen, und dort die Zutaten zu besorgen.
  Ardian Fu

 
 
 

Mapusa Markt
Foto von Bernhard Leyendeckers - 1985

Und es war ein großes Vergnügen, auf diesem bunten und riesigen Markt einzukaufen. Ich entdeckte gelbe und braune Kegel. Die Hellen bestanden aus Zuckerrohrsaft und die Dunklen aus Palmsaft, der stundenlang zu einem Syrup gekocht wird und beim aushärten steinhart wird. Und das nennt man Jaggery. Auf Empfehlung des Händlers entschied ich mich für Palm-jaggery. Zu meiner Freude gab es auch Weinläden, in denen es sogar Wein gab. In Indien wird Alkohol in so genannten 'Wineshops' verkauft, doch Wein sucht man dort vergebens. Dort findet man nur Rum, Whisky und Bier und hier wird auch Coconut- und Cashew Fenny verkauft. Schnaps aus Kokosnuss oder Cashew Äpfeln, für den Goa berühmt ist. Und der Genuss von Alkohol in der Öffentlichkeit ist außerhalb Goa's verboten. Umso mehr genoss ich ein paar Glas Portwein, beobachtete das Marktgeschehen und schrieb das Rezept für die Füllung auf:

3/4 Äpfel und 1/4 Mangos, Palm-jaggery, Rosinen, Cashewkerne,
Kokosmilch, Butterschmalz, Kardamom und Zimt.

Die Äpfel waren köstlich aber auch sehr teuer, denn sie kamen aus Kashmir und die Marktleute wunderten sich etwas über die Mengen, die ich einkaufte. Ich aber verriet in meiner Vorsicht nicht mein Vorhaben. Der Bäcker wunderte sich über die Zutaten und zerkleinerte mit einem Messer den harten Jaggery und ich zerstieß die Kardamom-Samen in einem Mörser. In einem großen Topf erhitzten wir die Kokosmilch und lösten den Jaggery darin auf. Hinzu kamen die klein geschnittenen Äpfel und Mangos, Ghee, Zimtpulver, Cardamom, Rosinen und leicht geröstete und zerkleinerte Cashewkerne. Auf kleiner Flamme köchelnd entstanden ca. 10 Liter einer süßen und fruchtigen, aromatischen und nussigen Köstlichkeit!
"Eine Speise für die Götter!" lobte der Bäcker und mischte Mehl mit Ghee, Salz und Wasser. "Ja, das ist wirklich Ambrosia!" entgegnete ich strahlend, knetete das kleine Stück Teich und rollte es auf 10 x 20 cm aus. Ich gab 2 oder 3 Esslöffel von der Füllung darauf und schloss die Pastete, in dem ich die Ecken zur Mitte führte und überander legte. So entstand eine ca. 6 x 12 cm grosse Pastete, die der Bäcker mit etwas Ghee bestrich. Zu meiner Enttäuschung, wurde sie aber nicht direkt gebacken.
"Morgen backe ich alles zusammen!" erklärte er mir lächelnd mit seinen paar Brocken Englisch.
"Wieviel hast Du ausgegeben?"
"25 Rupien!"
"Das bezahle ich und Du gibst mir 50 Paisa für eine Pastete, die kannst Du in Anjuna für eine Rupie verkaufen! "
schlug er vor und bezahlte die Marktrechnung! Wir besiegelten das Geschäft mit einem Handschlag!
"Hast Du einen Korb?"
"Nein!" antwortete ich verlegen!
"Kein Problem, ich habe Einen!" und kramte einen flachen Korb von 50cm Durchmesser hervor.
Ich setzte mir den Korb auf den Kopf, und er fragte schmunzelnd:
"Hast Du das schon einmal gemacht?"
"Nein!" und realisierte auf was ich mich eingelassen hatte!
"Morgen um 10 Uhr!" verabschiedete er mich lachend.
"Bis morgen!"
Auf meiner Rückkehr nach Chapora spürte ich schon die Last, die es zu tragen galt. Ian und Freunde begrüßten und beglückwünschten mich am Strand.
"Das ist eine schöne Möglichkeit, um hier zu überleben! Mir war das aber zu anstrengend und die Cookies waren auch nicht gut. Ich bin gespannt auf Dein Ergebnis!" sagte Ian.
"Wenn es gut geht, werde ich 75 Rupiees verdienen. Der Gegenwert von knappen 7 Gramm meines Manikaran!"
"Der ist mittlerweilen sehr viel mehr wert! 12 bis 15 Rupees!"
"Wow! Jetzt ist er so wertvoll wie Silber. Darauf lass uns ein Chillum rauchen!"
und gab Ian ein Stückchen meines Schatzes.
"Ich muss haushalten mit meinem Geld und meine Aufenthaltsgenehmigung läuft in einem Monat aus!
"In Bombay gibt es einen Offizer, den man Moses nennt! Für 100 Dollar bekommst Du noch mal 3 Monate Visa! Die Stempel und das Visa sind echt. Es läuft halt nicht in einem Office ab, sondern in einem Cafe! Hier, mein Freund! Dir gebührt die Ehre dieses Chillum anzuzünden!"
Normalerweise zündet derjenige das Chillum an, der auch die Mischung gemacht hatte!
"Danke für den Tipp, Ian! Aleeec!" rief ich und legte meine Hand hinter mein Ohr.
"Booom Shiva...Booom Shankar!" antworteten meine Freunde!
Für die Füllung der folgenden Chillums sorgten neue Gäste!

Gegen 8 Uhr machte ich mich auf den Weg. Ein köstlicher Duft empfing mich, und der Bäcker holte gerade die letzten Apfeltaschen aus dem Ofen. Wir teilten uns ein Stück und waren vom Resultat begeistert.
"Sehr gut! Wir werden eine Menge Geld zusammen verdienen! Wir haben 150 Pasteten!"
"Das hoffe ich auch!" entgegnete ich etwas verunsichert, während ich den Korb füllte.

Mit 15 kg auf dem Kopf machte ich auf die 10 km lange Stecke über Chapora und Vagator bis Anjuna. In Chapora verkaufte ich die ersten Stücke an Ian & Co. und auch in Vagator fand ich dankbare Abnehmer. So verringerte sich meine Last spürbar und in der Mittagshitze erreichte ich endlich den Anjuna-Beach.
 

 
 
 

Beim Verkauf meiner Apfeltaschen
Foto von Jonathan D. Benyon - 1976


Ich ließ mich neben einem Italiener nieder, der Chai verkaufte. Den Korb deckte ich mit einem Tuch zu, und baute vor mir ein paar Pastrys auf. Hinzu gesellte sich ein Engländer, der seine Waage aufbaute, um seinen Manali zu verkaufen. Wir bildeten ein perfektes Team. Tee zu den Pastry, und danach ein Chillum.

Innerhalb weniger Stunden hatte sich mein Korb geleert. Ich hatte 150 Rupees eingenommen. Davon ging die Hälfte an den Bäcker, also hatte ich 75 Rupees verdient - der Gegenwert von 8.3 Dollars. Auf der anschließenden Party zelebrierte ich meinem Erfolg tanzend zu 'One of these nights' von den Eagles. Ich erinnere mich noch an 'Stoneflower' von Santana, 'Too high' von Stevie Wonder, 'Do it again' und 'Show Biz Kids' von Steely Dan und 'Light my fire' von den Doors. Natürlich wurde auch 'Dark side of the moon' von Pink Floyd aufgelegt. Das war wohl die meistgespielte Musik in jenen Tagen in Goa. Und selbst heute hört man es noch gelegentlich neben der sich eingebürgerten Techno-Musik. Wie ein Relikt aus alten Zeiten!
"Heh, Mister Pastry-baker!" wurde ich gerufen!
"Hast Du immer noch was von Deinem guten 'Manikaran'?"
"Ja, habe ich. Aber das ist mein ganzes Kapital und ich verlange jetzt 15 Rupees fürs Gramm!"
Ich verstehe, sonst würdest Du nicht auch noch Apple-pastry verkaufen! Das ist er aber auch wirklich wert! Wie viel kann ich haben?"
"Hast Du Dollars?"
"Habe ich."
"Ok, sagen wir 60 Gramm für 100 Dollars."
"Perfekt."
So hatte ich das Geld für mein Visa.

Kurz bevor ich meinen Heimweg nach Arambol antrat, wurde 'Smiling faces sometimes' von Rare Earth gespielt.
"Lächelnde Gesichter manchmal, die so tun, als seien sie Dein Freund.
Lächelnde Gesichter zeigen keine Spuren von dem Übel, dass in Ihnen lauert. Sie sagen nicht die Wahrheit!"
Das sollte mir wohl eine Warnung vor falschen Freunden sein, und ich werde mir noch besser aussuchen, wen ich zum Chillum einlade. Für eine Füllung musste ich 10 - 15 Kuchen verkaufen! In Chapora ging ich zur Festung hoch und hörte aufkreischende Gitarren und den Refrain:
"Let's have a party - an Anjuna Full Moon Party."
 

 
 
 

Anjuna Jam Band

Am nächsten Tag richtete ich mir hier einen Unterschlupf ein. Es gab da noch eine winzige Höhle, deren Eingang ich aus geflochteten Palmzweigen verschloss. So hatte ich einen sonnengeschützten Ort, in dem ich auf meinen wöchtentlichen Weg zum Bäcker übernachten konnte. Auch wenn der schwere Korb auf meinem Kopf eine Beule hinterlassen hatte, war ich doch fest entschlossen bis Weihnachten meine süßen Verführungen unters Volk zu bringen. Ich wurde zum Mr. Pastrybaker und lernte dadurch viele Leute kennen. Gut getarnt und ohne Druck, konnte ich so auch meinen Charas verkaufen.

In Arambol erwartete mich eine böse Überraschung, die ich aber mit Humor nahm. Mein Kochgeschirr lag verstreut herum und meine Hütte war halb eingestürzt! Aus der Ferne hörte ich Affen, die mich auszulachen schienen!
"Das wird mir eine Lehre sein!" schrie ich hinaus und hörte daraufhin menschliches Gelächter!

Im Laufe des folgenden Tages besorgte ich mir im Dorf Bambus und Kokosfaserkordel zur Stabilisierung meiner Hütte und zum Festbinden meiner Habseligkeiten. Dabei traf ich einen Nachbarn, der hier sein Feuerholz kaufte. Das hatten die Einheimischen aus unserem ca. 3 km entfernten Dschungel geholt und er schleppte es jetzt über die schroffen Steine zurück! Ich konnte mein Lachen nicht unterdrücken und auch die Inder mussten grinsen! Im Chai-Shop aß ich noch ein Bhaji, ein kleines Gericht aus gelben Erbsen und nahm ein paar Ladoos mit. Nahrhafte Kugeln aus Kichererbsenmehl, Copra (getrocknete Cocosnuss), Cashewkernen, Cardamon, Kondensmilch und Zucker.

Die nächsten Wochen verbrachte ich in Arambol mit wöchentlichen Ausflügen nach Anjuna! Mittlerweilen war der Flohmarkt aber auch zu einer touristischen Attraktion für die Inder geworden, deshalb änderten wir den Termin von Woche zu Woche! Manchmal sah man hinter den Dünen Inder mit Ferngläsern. Soviel nackte Haut sieht man sonst nirgendwo im prüden Indien. Meine Märkte waren sehr erfolgreich und mindestens jeder zweite Freak hatte im Laufe der Zeit meine Pastry gegessen, und ich war zu einer Institution für süße Ess- und Rauchwaren geworden!

Ende November machte ich mich auf den Weg zu Moses nach Bombay. Das Cafe, von dem mir Ian erzählt hatte lag etwas versteckt im Außenbezirk der Stadt. Ich trank einen Chai und beobachtete aufmerksam und etwas verunsichert das Geschehen. Dann kam der Inhaber zu mir und fragte mich:
"Kann ich Ihnen helfen?"
"Ja, ich suche Moses!"
"Das ist noch etwas zu früh! Kommen Sie in einer Stunde noch mal vorbei! Legen Sie 100 Dollars in Ihren Pass und übergeben ihn unauffällig!"
"Danke, ich wollte auch noch etwas essen!"
"Gegenüber können Sie sehr gut essen! Machen Sie sich keine Sorgen! Das geht in Ordnung! Moses ist immer in weiß gekleidet, wenn er hier herkommt."
"Danke, bis später!"
Nach einer Stunde sah ich ihn und ging rüber. Er begrüßte mich direkt und lud mich zu einem Chai ein.
"Kann ich etwas für Dich tun?"
"Ja!" und gab ihm unauffällig meinen Pass!
"Komm morgen um die gleiche Uhrzeit zurück. Ich bin Moses und habe den Schlüssel zum verheißenden Land!"
Ich konnte kaum schlafen, weil ich immer verunsicherter wurde. Meinen Pass und 100 Dollars hatte ich in fremde Hände gegeben! Ich hätte auch an der Küste entlang bis Ceylon fahren können, um mir dort ein Visa für Indien zu besorgen. Aber in meiner Situation wollte ich diesen Trick nicht anwenden und wollte auch Goa nicht verlassen. Meine Sorgen erwiesen sich als unbegründet und am nächsten Tag hatte ich meinen Pass mit 3 Monaten Visa zurück! Erleichtert nahm ich das Schiff zurück nach Goa und trank reichlich Portwein.

Am 6. Dezember - dem Nikolaustag - brach ich nach Anjuna auf, zu meiner letzten Vollmond-Party.
 

 
 
 

Anjuna Vollmond Party


Dort angekommen traf ich einen Fahrrad fahrenden Amerikaner mit einer Flasche voll flüssiger Lysergsäure.
"Streck Deine Zunge raus. Dann geht's Du auf die Reise Deines Lebens!"
lächtelte er mich an. Das machte ich gerne und bedankte mich, indem ich die Hände faltete und mich vor ihm verneigte.
 

 
 
 

Sonnenuntergang
Fotos von Sunny Schneider - 1976-78

Die Sonne verabschiedete sich und wir wurden vom Mond begrüsst.
 

 
 
 

Mondaufgang
Foto von Ruff Libner (Trav.didje.)

Ich teilte diese grandiose Szene mit vielen Anderen, die auch dem Nikolaus begegnet waren. Es mögen hundert oder mehr gewesen sein und wir waren alle auf einer Wellenlänge!
 

 
 
GOA WAVES

Musik von Ting Po
Video in Arbeit...

 

Goa Waves
Digitales Bild von Mimulux

Wir badeten in und auf den Wellen eines unendlichen Ozeans. Von Liebeswellen durchflutet tanzten wie in Trance durch die Nacht...
  Ting Po

 

Mimulux


 
 

Während der Nacht
Foto von Sunny Schneider - 1976

...bis der silberne Mond im Meer versank...
 

 
 
 

Monduntergang

...und die goldene Sonne zeitgleich hinter den Palmen aufstieg.
  Chris De Bié

 
 
 

Sonnenaufgang
Digitale Bilder von Chris De Bié

Ich hatte ja einige psychedelischen Reisen gemacht, alleine oder mit ein paar guten Freunden. Aber dieses Gemeinschaftsgefühl mit so vielen Leuten war eine einzigartige Erfahrung.

Bis Weihnachten verkaufte ich weiterhin erfolgreich meine Apfelstrudel und brach nach der Silvester-Party mit einigen Anderen in Richtung Hampi auf.


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© by Chris De Bié admin: 17.03.2019